QS-Verfahren

Einschätzungen und Kritik zum QS-Verfahren

Von einem QS-Verfahren erwarte ich, dass es etwas aussagt zu den Fragen: Was ist wesentlich für die Qualität? Wo ist Qualität vorhanden, wo gibt es Mängel? Und dass es dazu beiträgt, die vorhandene Qualität zu fördern.
Das IQTIG-Projektteam hat sehr aufwendig Grundlagen zusammengetragen und ausgewertet, und ein relativ großes Verständnis für Psychotherapie entwickelt. Gemeinsam mit den Expertengremien hat es darum gerungen, Lösungen zu finden, die sowohl der QS-Logik als auch den Erfordernissen der Psychotherapie gerecht werden.
Die Herausforderung, zwei so gegensätzliche Systeme wie QS und Psychotherapie zusammen zu bringen, ist jedoch m.E. nicht gelungen. Meist hat sich dann doch die Logik einer extrem formalisierten externen QS, wie sie in der DeQS-Richtlinie festgelegt ist, gegen die psychotherapeutischen Erfordernisse durchgesetzt.
Das liegt zum Teil an den Vorgaben, die das IQTIG einhalten muss, aber auch an der Vorgehensweise des IQTIG gibt es einiges zu kritisieren.
Man merkt an vielen Stellen, dass die Mitarbeiterinnen des IQTIG, die das QS-Verfahren entwickelt haben, fachfremd sind. Zum Beispiel fällt an der Zusammenstellung von Forschungsergebnissen und an den zitierten Aussagen von Teilnehmerinnen der Fokusgruppen auf: Das IQTIG interpretiert nicht selten Forschungsergebnisse oder Aussagen von Patienten über ihre Psychotherapie falsch, und zieht sie als Beleg für Sachverhalte heran, zu denen die jeweiligen Aussagen nicht passen (Bsp. s. Arbeitsweise des IQTIG). Auch fehlt dem IQTIG ein inhaltlicher Begriff von Qualität in der Psychotherapie, so dass es häufig keine Zusammenhänge herstellen kann zwischen einzelnen Aspekten und der Frage, ob und warum etwas für die Qualität wichtig sein könnte oder nicht (Bsp Therapieabbruch).

Ein grundlegendes Manko direkt vorweg: Da das QS-Verfahren lt. Auftrag des G-BA fallbezogen sein soll, kann es sich nur auf Patientinnen beziehen, die in Behandlung sind. Das Thema Zugang zur Behandlung ist damit von vornherein nicht im QS-Verfahren enthalten. Daraus resultiert die paradoxe Situation, dass das QS-Verfahren mit immensem Aufwand vielleicht – wenn überhaupt – minimale Verbesserungen bringt für die Menschen, die eine ambulante Psychotherapie bekommen, während das riesige Qualitätsproblem für psychisch kranke Menschen, die keine Psychotherapie bekommen, ungelöst bleibt.

Das Thema ist sehr umfangreich und hat viele Facetten, hier ein Versuch eines Überblicks, zur ausführlicheren Darstellung s. die jeweiligen Links.

Das QS-Verfahren erfasst nicht das Wesentliche der Qualität psychotherapeutischer Arbeit.

  • Angebliche Qualitätsdefizite und entsprechender Verbesserungsbedarf in der psychotherapeutischen Versorgung werden behauptet, aber nicht nachgewiesen.
  • Nachgewiesene Wirkfaktoren, Qualitätsmerkmale, Qualitätsdefizite und Risiken fehlen dagegen.
  • Die Indikatoren betreffen zum großen Teil relativ banale, formale Teilaspekte von psychotherapeutischen Tätigkeiten, die eigentliche, inhaltlich-fachliche Qualität der jeweiligen Tätigkeit wird nicht erfasst.
  • Ein Teil der Qualitäts-Indikatoren ist von Formulierung und Begründung her nicht geeignet für die Psychodynamischen Verfahren.
  • Geeignete qualitätsverbessernde Instrumente wie Supervision/Intervision sind nicht berücksichtigt.

Das liegt u.a. an der Arbeitsweise des IQTIG, aber auch an den Vorgaben des G-BA, und grundsätzlich am Konzept der Externen Qualitätssicherung (DeQS-Richtlinie)

  • Trotz umfassender Literaturrecherche berücksichtigt das IQTIG zentrale Ergebnisse der Psychotherapieforschung nicht (Wissen über Wirkfaktoren, vorhandene Qualitätsprobleme und -risiken, Verbesserungsmöglichkeiten).und schließt wichtige Themen – z.T. mit Scheinargumenten – von vornherein aus.
  • Der Umgang mit Quellen und Rechercheergebnissen ist z.T. intransparent und irreführend.
  • Das QS-Verfahren soll verfahrens- und diagnose-unabhängig sein und für alle Arten psychotherapeutischer Behandlungen (außer Gruppentherapie) passen, daher muss es sich auf sehr allgemeine Aspekte beschränken, die allen gemeinsam sind, die spezifische Qualität fehlt. (s. auch Ein Verfahren für gesamte Psychotherapie)

Auswirkungen

Das QS-Verfahren wird ein falsches Bild der psychotherapeutischen Qualität erzeugen.

  • Statt inhaltlicher Qualität werden unzusammenhängende, z.T. banale Teilaspekte das Bild von Psychotherapie prägen: Diese x Einzel-Merkmale sind nun DIE Qualität der Psychotherapie!
  • Das QS-Verfahren wird Daten produzieren, die eigentlich nicht verwertbar sind, weil niemand weiß, was sie aussagen.
  • Die Daten werden aber verwertet, und werden willkürlich und beliebig interpretierbar sein, je nach Interessenlage.

Das QS-Verfahren wird negative Auswirkungen auf die Psychotherapie haben.

An einigen Stellen wird das QS-Verfahren als Erinnerungsstütze sicher nützlich sein. Aber m.E. überwiegen insgesamt die negativen Auswirklungen auf die Qualität der Psychotherapie:

  • Psychotherapeutinnen werden an vielen Stellen ihre fachlich begründete Arbeitsweise so umstellen müssen, dass sie zum QS-Verfahren passt, statt zu ihrer Arbeit.
  • Die therapeutische Beziehung wird durch Patientenbefragung und andere Vorgaben eher beeinträchtigt.
  • Die intrinsische Motivation der Psychotherapeuten, sich zu verbessern, wird nicht gefördert, sondern durch formalistische Vorgaben, Kontrolle und Sanktionsdrohungen eher beeinträchtigt.
  • Das QS-Verfahren wird zu Patientenselektion führen.
  • Es entsteht ein Bürokratie- und Kontroll-Monstrum, das viele Ressourcen fressen wird (Arbeitszeit, Geld), die dafür an anderer Stelle fehlen werden.

 

Ausführlicher zu einzelnen Punkten

30.3.2023

Beatrice Piechotta - Rosmarinstr. 12 L  - 40235 Düsseldorf  -  eMail: kontakt@qs-psychotherapie.de